Neue Nummernschilder in 2007
Verfasst: 27. September 2006 13:20
SPIEGEL ONLINE - 27. September 2006, 12:23
URL: http://www.spiegel.de/auto/werkstatt/0, ... 45,00.html
NUMMERNSCHILDER
Das Geburtstagskind wird aufgepeppt
Vor hundert Jahren wurden in Deutschland zum ersten Mal einheitliche Nummernschilder an Autos geschraubt. Doch die Geschichte des Kennzeichens reicht bis in die Antike. Ab kommendem Jahr bieten die Hersteller eine ganz neue Technik an: Die Schilder sollen selbst leuchten.
Großolbersdorf/Siegen - Weißes Schild, schwarze Schrift und blaues Europa-Eckchen: Irgendwo in Höhe des Stoßfängers prangt bei allen Kraftfahrzeugen das vorgeschriebene Kennzeichen. Viele Autofahrer beachten es allerdings nur, wenn es mal wieder der Grund dafür ist, dass die Blitzanlage bei einem Verkehrsverstoß den "Sünder" identifizieren kann. Tatsächlich aber verbirgt sich hinter dem Nummernschild nicht nur ein ausgeklügeltes System, sondern auch eine lange Geschichte. Immerhin feiert das Kfz-Kennzeichen in diesem Jahr einen runden Geburtstag: Vor 100 Jahren wurden am 1. Oktober 1906 einheitliche Kennzeichen für Fahrzeuge in Deutschland eingeführt.
Rund 46 Millionen Pkw gibt es nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) in Flensburg derzeit auf Deutschlands Straßen. Hinzu kommen knapp 4 Millionen Motorräder, 2,6 Millionen Lkw sowie noch einige weitere motorisierte Fahrzeuge - und sie alle tragen ein Kennzeichen. Wie viele dieser Schilder im Umlauf sind, wie viele in jedem Jahr neu verteilt werden, hat nicht einmal das KBA genau erfasst. Immerhin teilt die Behörde mit, dass rund 144.000 der sogenannten Roten Kennzeichen ausgegeben wurden. Außerdem weiß man von gut 1,6 Millionen Fahrzeugen mit Saisonkennzeichen und von 152.000 Historienkennzeichen für Oldtimer.
Wann genau ein Mensch zum erstenmal auf die Idee gekommen ist, ein Gefährt mit einer Art Kennung zu versehen, liegt im Dunkeln. "Auf jeden Fall dürften aber die Nummern an römischen Streitwagen zu den frühesten Kennzeichnungen gehören", sagt Sven Rost, Vorsitzender des Vereins "Nummernschilder", der im sächsischen Großolbersdorf das Nummernschild-Museum betreibt. Weitere Spuren des Themas Fahrzeug-Kennzeichnung tauchten im 17. und 18. Jahrhundert auf, als einige britische Kutschen am Heck eine Nummer trugen, deren Zweck laut Rost heute allerdings nicht mehr wirklich klar ist.
I für Preußen, IA für Berlin
Hinweise auf geregelte Kennzeichenvergabe in Deutschland findet man nach Angaben des Sammlers und Experten zwischen 1870 und 1890. Damals hatten es die Behörden auf die Radfahrer abgesehen. "Die Fahrräder wurden von vielen Menschen seinerzeit als gefährlich angesehen", sagt Rost. Wenn mal wieder jemand von einem schnell vorbei fahrenden Fahrrad angerempelt wurde, wollte er natürlich wissen, über wen er sich beschweren konnte. Also machte man sich in einigen Städten daran, Schilder mit Buchstaben und Zahlen zu versehen, um sie an Fahrrädern zu montieren. Mögliche Übeltäter sollten so schneller erkannt und bestraft werden können.
Im Jahr 1896 wurde dann laut Rost in Baden das erste Nummernschild an einem Auto befestigt. So langsam muss es den Verantwortlichen gedämmert haben, dass mit der Zunahme des Verkehrs auch eine einheitliche Lösung in Sachen Kennzeichen her musste. Das wiederum war dann am 1. Oktober 1906 so weit: Für die kommenden Jahrzehnte prangten an den Fahrzeugen Schilder mit römischen Ziffern, gefolgt von Buchstaben und einer Nummer. "So stand die römische I für Preußen, Berlin hatte IA", erläutert Rost.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kam wieder Bewegung ins System - zunächst, indem die einzelnen Besatzungszonen auf den Schildern anhand von Farben kenntlich gemacht wurden. Die DDR führte 1953 ein eigenes System ein, die Bundesrepublik folgte 1956. Das westdeutsche System war von Anfang an so ausgelegt, dass es auch für das Gebiet der DDR erweitert werden konnte - was nach der Wende auch geschah. In Sachen grundlegender Regeln hat sich seitdem - abgesehen von der Einführung des EU-Kennzeichens - in Deutschland nicht mehr viel getan.
Kennzeichen unter Strom
Auch viele ausländische Nummernschilder stammen aus Deutschland. So liefert die Erich Utsch AG aus Siegen heute Kennzeichen und Maschinen zu deren Herstellung in weltweit rund 125 Länder. Und was im Ausland als Kennzeichen im Einsatz ist, unterscheidet sich oft in vielen Punkten von den deutschen Schildern. "Die Unterschiede betreffen in erster Linie die Optik", sagt Firmenchef Manfred Utsch. Bekannt sind die mit vielfältigen Motiven versehenen Kennzeichen aus den USA. Aber auch an anderer Stelle ist man einfallsreich: "In einigen Provinzen Kanadas haben die Kennzeichen die Umrisse eines Eisbären."
Auch bei der Sicherheit ist man im Ausland oft weiter. "Das gilt vor allem für Regionen mit unsicherer politischer Lage", sagt Utsch. "Dort werden die Kennzeichen mit zusätzlichen Sicherheitsmerkmalen versehen." Lasercodierungen der Bleche sind mittlerweile ebenso möglich wie eingeprägte holographische Elemente, die Fälschung und Missbrauch erschweren sollen.
Möglicherweise gibt es an den Schildern deutscher Autos in naher Zukunft ebenfalls Neues. "Im Gespräch ist das selbst leuchtende Kennzeichen." Bisher reagiert die reflektierende Oberfläche der Schilder nur auf einfallendes Licht. Bei Utsch entwickelt man nun ein System, das ein Kennzeichen mit Strom versorgt und es beim Einschalten des Fahrlichts ebenfalls zum Leuchten bringt. Am Auto könnte dann auf die Kennzeichenbeleuchtung verzichtet werden. "Serienreif dürfte das System im kommenden Jahr sein", sagt Utsch.
Das Nummernschild-Museum veranstaltet zum 100. Geburtstag des Kennzeichens eine Sonderschau. Termine und weitere Auskünfte gibt es im Internet.
Von Heiko Haupt, gms
URL: http://www.spiegel.de/auto/werkstatt/0, ... 45,00.html
NUMMERNSCHILDER
Das Geburtstagskind wird aufgepeppt
Vor hundert Jahren wurden in Deutschland zum ersten Mal einheitliche Nummernschilder an Autos geschraubt. Doch die Geschichte des Kennzeichens reicht bis in die Antike. Ab kommendem Jahr bieten die Hersteller eine ganz neue Technik an: Die Schilder sollen selbst leuchten.
Großolbersdorf/Siegen - Weißes Schild, schwarze Schrift und blaues Europa-Eckchen: Irgendwo in Höhe des Stoßfängers prangt bei allen Kraftfahrzeugen das vorgeschriebene Kennzeichen. Viele Autofahrer beachten es allerdings nur, wenn es mal wieder der Grund dafür ist, dass die Blitzanlage bei einem Verkehrsverstoß den "Sünder" identifizieren kann. Tatsächlich aber verbirgt sich hinter dem Nummernschild nicht nur ein ausgeklügeltes System, sondern auch eine lange Geschichte. Immerhin feiert das Kfz-Kennzeichen in diesem Jahr einen runden Geburtstag: Vor 100 Jahren wurden am 1. Oktober 1906 einheitliche Kennzeichen für Fahrzeuge in Deutschland eingeführt.
Rund 46 Millionen Pkw gibt es nach Zahlen des Kraftfahrt-Bundesamtes (KBA) in Flensburg derzeit auf Deutschlands Straßen. Hinzu kommen knapp 4 Millionen Motorräder, 2,6 Millionen Lkw sowie noch einige weitere motorisierte Fahrzeuge - und sie alle tragen ein Kennzeichen. Wie viele dieser Schilder im Umlauf sind, wie viele in jedem Jahr neu verteilt werden, hat nicht einmal das KBA genau erfasst. Immerhin teilt die Behörde mit, dass rund 144.000 der sogenannten Roten Kennzeichen ausgegeben wurden. Außerdem weiß man von gut 1,6 Millionen Fahrzeugen mit Saisonkennzeichen und von 152.000 Historienkennzeichen für Oldtimer.
Wann genau ein Mensch zum erstenmal auf die Idee gekommen ist, ein Gefährt mit einer Art Kennung zu versehen, liegt im Dunkeln. "Auf jeden Fall dürften aber die Nummern an römischen Streitwagen zu den frühesten Kennzeichnungen gehören", sagt Sven Rost, Vorsitzender des Vereins "Nummernschilder", der im sächsischen Großolbersdorf das Nummernschild-Museum betreibt. Weitere Spuren des Themas Fahrzeug-Kennzeichnung tauchten im 17. und 18. Jahrhundert auf, als einige britische Kutschen am Heck eine Nummer trugen, deren Zweck laut Rost heute allerdings nicht mehr wirklich klar ist.
I für Preußen, IA für Berlin
Hinweise auf geregelte Kennzeichenvergabe in Deutschland findet man nach Angaben des Sammlers und Experten zwischen 1870 und 1890. Damals hatten es die Behörden auf die Radfahrer abgesehen. "Die Fahrräder wurden von vielen Menschen seinerzeit als gefährlich angesehen", sagt Rost. Wenn mal wieder jemand von einem schnell vorbei fahrenden Fahrrad angerempelt wurde, wollte er natürlich wissen, über wen er sich beschweren konnte. Also machte man sich in einigen Städten daran, Schilder mit Buchstaben und Zahlen zu versehen, um sie an Fahrrädern zu montieren. Mögliche Übeltäter sollten so schneller erkannt und bestraft werden können.
Im Jahr 1896 wurde dann laut Rost in Baden das erste Nummernschild an einem Auto befestigt. So langsam muss es den Verantwortlichen gedämmert haben, dass mit der Zunahme des Verkehrs auch eine einheitliche Lösung in Sachen Kennzeichen her musste. Das wiederum war dann am 1. Oktober 1906 so weit: Für die kommenden Jahrzehnte prangten an den Fahrzeugen Schilder mit römischen Ziffern, gefolgt von Buchstaben und einer Nummer. "So stand die römische I für Preußen, Berlin hatte IA", erläutert Rost.
Erst nach dem Zweiten Weltkrieg kam wieder Bewegung ins System - zunächst, indem die einzelnen Besatzungszonen auf den Schildern anhand von Farben kenntlich gemacht wurden. Die DDR führte 1953 ein eigenes System ein, die Bundesrepublik folgte 1956. Das westdeutsche System war von Anfang an so ausgelegt, dass es auch für das Gebiet der DDR erweitert werden konnte - was nach der Wende auch geschah. In Sachen grundlegender Regeln hat sich seitdem - abgesehen von der Einführung des EU-Kennzeichens - in Deutschland nicht mehr viel getan.
Kennzeichen unter Strom
Auch viele ausländische Nummernschilder stammen aus Deutschland. So liefert die Erich Utsch AG aus Siegen heute Kennzeichen und Maschinen zu deren Herstellung in weltweit rund 125 Länder. Und was im Ausland als Kennzeichen im Einsatz ist, unterscheidet sich oft in vielen Punkten von den deutschen Schildern. "Die Unterschiede betreffen in erster Linie die Optik", sagt Firmenchef Manfred Utsch. Bekannt sind die mit vielfältigen Motiven versehenen Kennzeichen aus den USA. Aber auch an anderer Stelle ist man einfallsreich: "In einigen Provinzen Kanadas haben die Kennzeichen die Umrisse eines Eisbären."
Auch bei der Sicherheit ist man im Ausland oft weiter. "Das gilt vor allem für Regionen mit unsicherer politischer Lage", sagt Utsch. "Dort werden die Kennzeichen mit zusätzlichen Sicherheitsmerkmalen versehen." Lasercodierungen der Bleche sind mittlerweile ebenso möglich wie eingeprägte holographische Elemente, die Fälschung und Missbrauch erschweren sollen.
Möglicherweise gibt es an den Schildern deutscher Autos in naher Zukunft ebenfalls Neues. "Im Gespräch ist das selbst leuchtende Kennzeichen." Bisher reagiert die reflektierende Oberfläche der Schilder nur auf einfallendes Licht. Bei Utsch entwickelt man nun ein System, das ein Kennzeichen mit Strom versorgt und es beim Einschalten des Fahrlichts ebenfalls zum Leuchten bringt. Am Auto könnte dann auf die Kennzeichenbeleuchtung verzichtet werden. "Serienreif dürfte das System im kommenden Jahr sein", sagt Utsch.
Das Nummernschild-Museum veranstaltet zum 100. Geburtstag des Kennzeichens eine Sonderschau. Termine und weitere Auskünfte gibt es im Internet.
Von Heiko Haupt, gms