AUTO-COMMUNITYS
Passende Anlaufstelle für jedes Modell
Wer mal so richtig Dampf ablassen will über sein Auto, das schon wieder Mätzchen macht, findet im Internet schnell Publikum. In privaten Online-Foren tauschen sich Fahrer, Fans und Bastler über ihre Wagen aus. Die Hersteller sehen die Communitys mit gemischten Gefühlen, denn ihnen sind die Foren oft zu kritisch.
Neuss/Saarbrücken - DuffyDuck hat Sorgen. Der Zuheizer seines Diesel-Gleiters schaltet sich nach Lust und Laune ein, und die Werkstatt weiß keinen Rat. Keks007nix antwortet: "Endlich einer mit dem gleichen Problem wie ich." Aber er hat inzwischen herausgefunden, wie die Kabel umgesteckt werden müssen, damit alles funktioniert. Zinki, der den Schriftverkehr der beiden verfolgt, kommentiert trocken: "Um was man sich als Kunde alles kümmern muss..." DuffyDuck, Keks007nix und Zinki sind Mitglieder einer Internet-Community für den Rover 75 - einem von immer mehr Online-Foren rund um einzelne Autos.
Die Besitzer nennen den Rover 75 liebevoll "Gleiter" - und unter http://www.r75.info dokumentieren sie selbst den kleinsten Mangel der Limousine. Wer die Fahrt zu einem Händler in Angriff nimmt, kann sich vorher mit anderen "Gemeindemitgliedern" austauschen - und manchmal auch konkrete Lösungsvorschläge bekommen.
Fast alle Autobesitzer, nicht nur die Bastler und Tuner, finden im Internet eine passende Anlaufstelle - und sei es die markenübergreifende Plattform http://www.motor-talk.de. Die privaten Foren haben zu einer neuen Form von Verbrauchermündigkeit geführt. Früher mussten Beteuerungen der Werkstatt, der Defekt sei ein völlig untypisches Problem, noch ohnmächtig hingenommen werden. Heute kann man - auch in Kulanzfragen - mit dem Verweis auf Präzedenzfälle kontern. Und Probleme gibt es selbst bei Nobelmarken genug, wie sinkende Kundenzufriedenheit und die steigende Zahl von Rückrufen belegen.
"Das Internet ist eine große Gerüchteküche"
Die Hersteller sehen die Foren mit gemischten Gefühlen. Zwar tummeln sich dort in der Regel Fans mit hohem Begeisterungspotenzial, die im Sinne der Kundenbindung gehegt und gepflegt werden müssten. Andererseits herrscht auf den Internetseiten ein offener, kritischer Ton, der den Verlautbarungen auf den offiziellen Websites nicht selten Hohn spricht. Zu einem Austausch zwischen beiden Seiten, von den Internet-Gemeinden häufig angemahnt, kommt es kaum.
So heißt es bei MG Rover in Neuss, man halte zwar Kontakt zu Clubs und Communitys. "Aber wir mischen uns nicht ein", sagt Sprecherin Barbara Schürmann-Arends. "Wer ein Problem hat, wendet sich ohnehin an den Kundendienst."
BMW in München nutzt die Foren in erster Linie, "um ein Stimmungsbild zu gewinnen" und sich "reaktiv auf Anfragen vorzubereiten", so Sprecherin Martina Wimmer. An ein aktives Einschalten sei nur zu denken, "wenn in den Foren etwas komplett falsch dargestellt wird".
Aktiv eingeschaltet hat sich Peugeot - wenn auch bisher erst einmal und nur für etwa eine Stunde. Als sich Aufruhr in einem Internet-Forum für das Cabrio 206 CC zusammenbraute, bot der französische Hersteller im Sommer 2003 einen "Live-Chat" mit Produktmanagern, Technikern und Kundenbetreuern an. "Der Andrang war sehr groß", sagt Gordian Heindrichs, Sprecher der deutschen Niederlassung in Saarbrücken. Zur ständigen Einrichtung ist der Online-Austausch aber nicht geworden. "Wir setzen auf den direkten Kontakt zwischen Kunden und Händlern."
Zwar sieht sich ein Internet-Beauftragter des französischen Herstellers regelmäßig in den Foren um und leitet interessante Funde an andere Abteilungen im Hause weiter. Aber nicht alles, was auf den Seiten steht, sei auch ernst zu nehmen, heißt es bei Peugeot. "Das Internet ist eine große Gerüchteküche", sagt Heindrichs. "Die Beiträge in den Foren schaukeln sich gegenseitig hoch." Vor allem bei "emotionalen Modellen" wie dem 206 CC sei die Empfindlichkeit groß.
Tausend Beschwerden in einem Jahr
Aber nicht alle Kunden beschränken sich darauf, in den Foren Dampf abzulassen. Manche versuchen, ihrem Anliegen mit der Macht der Presse Nachdruck zu verleihen. Seit rund drei Jahren unterhält etwa die in Berlin erscheinende Zeitschrift "Auto/Straßenverkehr" eine Rubrik mit dem Titel "Auto hilft", und die Resonanz nimmt stetig zu: "Im vergangenen Jahr hatten wir rund tausend Beschwerden", sagt Redakteurin Ute Rohde. "In einigen Fällen konnten wir eine Wandlung durchsetzen" - Erfolge, die in der Zeitschrift gebührend herausgestellt werden.
Noch größeren Zuspruchs erfreut sich der "Kummerkasten" der in Hamburg erscheinenden Zeitschrift "Auto Bild". Rund 8000 Fälle wurden dort im vergangenen Jahr gezählt. "Man merkt, dass den Leuten das Geld nicht mehr so locker sitzt und sie sich deshalb verstärkt an die Hersteller halten wollen", sagt Redakteur Stefan Szych. Wer sich an die Zeitschrift wendet, muss außer einer Fallbeschreibung auch Kopien von Serviceheft und Fahrzeugschein einschicken. "Auto Bild" reicht die Unterlagen an die Hersteller weiter. "Bei Autos, die älter als drei Jahre sind, besteht aber kaum Aussicht auf Kulanz", so Szych.
Manchmal wird der "Auto Bild"-Kummerkasten aus den privaten Internet-Gemeinden mit Kettenbriefen bombardiert. Szych beobachtet die Foren aber auch seinerseits genau, wie er sagt. Wenn unter den Zuschriften ein Problem gehäuft auftritt und sich das im Internet widerspiegelt, kann daraus ein größerer Artikel werden. Nach seiner Einschätzung nehmen aber auch die Hersteller die Foren ernster, als sie nach außen zugeben: "Sie wären dumm, wenn sie es nicht täten."
Von Tobias Wiethoff, gms
quelle:
http://www.spiegel.de/auto/aktuell/0,15 ... 92,00.html
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